Warum PiWis sich (noch) nicht durchsetzen

Weniger CO2-Belastung, weniger Pflanzenschutz, weniger Bodenbelastung: Pilzwiderstandsfähige Sorten erfüllen den Traum vom nachhaltigem Weinbau. Doch warum begegnen sie uns so selten?

Warum PiWis sich (noch) nicht durchsetzen

Weniger CO2-Belastung, weniger Pflanzenschutz, weniger Bodenbelastung: Pilzwiderstandsfähige Sorten erfüllen den Traum vom nachhaltigem Weinbau. Doch warum begegnen sie uns so selten?


Christoph Klopfer ist Ökowinzer in Württemberg und zu seinen besten Lagen zählt das Cannstatter Zuckerl, eine tolle Terassenlage direkt am Neckar. Jahrzehntelang wurde hier Trollinger angebaut, bis sich Christoph vor ein paar Jahren beschloss, aus der Lage mehr rauszuholen.  

Es gab vor allem eine Rebsorte, in die er sich verguckt hatte. Ihre Weine waren so leicht und komplex zugleich, sie waren total fruchtig und gleichzeitig fein-würzig. Nur gab es da ein Problem. Die Rebsorte hatte den Namen VB Cal.1-22. Da war Trollinger irgendwie eingängiger.

Doch Klopfer lies sich nicht entmutigen. Er fand den Wein einfach gut und pflanzte an. Denn die Rebe war pilzwiderstandsfähig, das gefiel ihm, gerade als Ökowinzer in der Steillage. 

Pilzwiderstandsfähig, das sind die Sorten, die sich von allein gegen Pilzkrankheiten werden können. (Wir haben hier über die Hintergründe der PiWis geschrieben)
Für die Winzer:innen ist das traumhaft: Sie haben Sorgen weniger und müssen sich nicht um Pflanzenschutz kümmern. Damit können sie Zeit und Geld sparen. Schließlich müssen sie weniger häufig in den Weinberg fahren, der Boden wird weniger belastet, der CO2-Ausstoß wird reduziert. Also die perfekten Öko-Sorten. 

Tja, warum gibt’s diese widerstandsfähigen Sorten dann nicht überall?

Dafür gibt es Gründe, die teilweise miteinander zusammenhängen.

Grund 1 – VB Cal.1-22
Die Namen der PIWIs sind schon, freundlich ausgedrückt, verbesserungswürdig. Wer bestellt schon ein Glas VBCal122? Johanniter klingt nach Rettungsdienst, Souvignier Gris kann kaum einer aussprechen und Regent hört sich nach 70er an, aber der uncoole Teil. Ok, der Name ist natürlich irrelevant für den Geschmack, aber ehrlich: Was man nicht gern ausspricht, spricht sich auch nicht rum.

Grund 2 – Typizität
Die meisten PiWis sind wahre Aroma-Wunder. Ob Cabernet Blanc mit seinem üppigem Cassis- und oft Maracujaduft oder Souvignier Gris mit intensiv gelbfruchtigen Aromen oder der Regent, der manchmal an einen Marmeladentöpfchen erinnert.  Die Fruchtaromen sind intensiv. Du findest, das klingt verlockend? Frucht ist doch wunderbar? Ja, das ist es. Doch in der alteingesessenen Weinwelt ist diese Frucht-Pur-Stilistik  oft verpönt. Viele wollen mineralisch-klare, kantige Weine statt aromatische Chameure.

Grund 3 – „Die schmecken nicht“
Wer unter Weinfreund*innen fragt, was sie von PiWis halten, wird zu hoher Wahrscheinlichkeit keine gute Meinung hören. „Die schmecken einfach nicht“, sagen die meisten. Wann sie zuletzt einen getrunken haben? Meist schon länger her. Piwis haben einen unglaublich schlechten Ruf. Und es ist ganz schön undifferenziert, wie sehr hier pauschalisiert wird. Natürlich gibt es Piwis, die nicht schmecken. Doch genauso gibt es auch Rieslinge und Silvaner, die ebenso keinen Spaß machen. Zu sagen, dass Piwis ungenießbar sind, ist in etwa so, als würde man die Meinung zu Spätburgunder an der gesamten Bandbreite orientieren, die es auf dem Markt gibt.

Grund 4 – Händler und Gastronomie
Kaum einer kennt Piwis. Deshalb sind auch Händler und Gastronomen skeptisch. Sie setzen lieber auf die traditionellen, alten Rebsorten als etwas Neues, Unbekanntes ins Regal zu stellen. Ist ja auch nachvollziehbar: Riesling kennt jeder, Johanniter muss man erstmal erklären. Doch dieser Effekt reproduziert sich: Durch Nicht-Beachtung werden die Piwis schließlich auch nicht bekannter. 

Umso mutiger, dass sich im Ländle einige Weingüter dennoch aufgemacht haben, den neuen Rebsorten zum Durchbruch zu verhelfen. 

So wie Christoph Klopfer mit seinem VB Cal 1-22. Christoph hat den Wein zwei Monate mit Schalen und Beeren vergoren und dann nochmal 12 Monate ins Holzfass gelegt. Und der Winzer wäre kein Schwabe, wenn er nicht auch Käpsele wäre. 

Er hat den alten Namen direkt vom Etikett genommen und sich stattdessen einen Namen überlegt, der besser zu seinem Wein passt (das deutsche Weinrecht erlaubt das). Der Mauerpfeffer. 

Mauerpfeffer ist eigentlich der Name einer Waldpflanze mit leuchtend gelben Blüten, die er oft im Weinberg fand. Doch auch auf den Wein passt der „Mauerpfeffer“ perfekt: Wer in das Glas riecht, erkennt sofort eine feine Schärfe von schwarzem Pfeffer, daneben Sauerkirsch- und Waldbeer-Aromen. Im Geschmack ist der Wein überraschend weich, ein schönes Wechselspiel zum würzigen Duft. Das ist nämlich das Gute an der Unbekanntheit der PiWis: Sie können einen so wunderbar überraschen!!


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